Dass Cannabis insbesondere in der Schmerztherapie für viele Patienten mit chronischen Nervenschmerzen und anderen Schmerzzuständen eine Alternative ist, hat sich inzwischen herumgesprochen. Aber kann man auch mit Cannabistee Schmerzen lindern?
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Für viele Patienten ist Cannabis bei Schmerzen die letzte Hoffnung
Es gibt schwere Erkrankungen, die zu akuten und/oder chronischen Schmerzzuständen führen. Insbesondere Nervenschmerzen, unter denen Patienten mit HIV, Krebs, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Multipler Sklerose und ähnlichen Krankheitsbildern leiden, sind mit herkömmlichen Analgetika (Schmerzmitteln) oft nicht zu behandeln.
Selbst Opiate, die bei Tumorschmerzen kaum zu vermeiden sind, schlagen bei Nervenschmerzen nur sehr bedingt an. Anders sieht es bei Cannabis aus.
Hier profitieren die Patienten allerdings weniger von der tatsächlichen Schmerzlinderung, als von der allgemeinen Entspannung im Körper, welche die Schmerzen für den Patienten erträglicher machen.
Während man mit medizinischem Hanf also in den meisten Fällen keine schmerzstillende Wirkung im Sinne eines Analgetikums erwarten darf, fällt es den Betroffenen damit jedoch wesentlich leichter, die permanenten Schmerzen zu ertragen. Und darauf kommt es letztendlich bei der Behandlung chronischer Erkrankungen an, bei denen in erster Linie die Bekämpfung der Symptome wichtig ist.
Cannabistee ist eine gute alternative Einnahmemethode für viele Patienten
Bei der Behandlung von Erkrankungen wird medizinisches Hanf in der Regel geraucht oder über Evaporieren inhaliert (analog zu den Verdampfern, die als E-Zigaretten bekannt sind).
Doch die Einnahme auf diese Weise wird nicht von jedem Patienten gut vertragen, weil die Wirkung durch die Inhalation manchmal sehr schnell und stark einsetzt. Außerdem ist es auch nicht jedermanns Sache, sich mit dem Rauchen irgendeiner Substanz anzufreunden – zumal das Bild des Kiffens bei der medizinischen Behandlung oft genug noch immer zu Vorurteilen führt.
Patienten, die also eine Alternative oder Ergänzung zur Einnahmemethode durch Rauchen suchen, können die Zubereitung von Cannabistee ausprobieren. Sofern er korrekt zubereitet wird, kann der Tee bis zu zehn Prozent der enthaltenden Cannabinoide in den Blutkreislauf überführen.
Die Dosierung und Wirkung ist also voraussichtlich immer eine andere als bei anderen Einnahmemethoden, doch darauf kann der Patient sich einstellen und an die gewünschte Stärke der Teezubereitung herantasten.
Wie kann man medizinischen Cannabistee bekommen? (Video)
Nicht jeder kann einfach in die Apotheke gehen und sich medizinisches Hanf besorgen. Frei verkäuflich ist hingegen Hanftee bzw. Cannabistee aus Nutzhanf. Da Nutzhanf aber nur Spuren von THC und wesentlich weniger CBD enthält als der medizinische Hanf, ist die Wirkung bei Schmerzen bei der frei verkäuflichen Teezubereitung natürlich nicht mit der von medizinischem Cannabistee zu vergleichen.
Wer ein entsprechendes BTM-Rezept vom Arzt bekommt, hat die Wahl zwischen verschiedenen Darreichungsformen von medizinischem Hanf:
- fertige Cannabismedikamente zum Einnehmen
- Cannabisblüten zur eigenen Weiterverarbeitung (z. B. zur Teezubereitung)
- Cannabisextrakt
Frei verkäuflicher Nutzhanf ist in unterschiedlichen Formen erhältlich, zum Beispiel als:
- Hanfblätter
- CBD-Öl bzw. Hanföl
- Fertigprodukte, die Hanföl enthalten (z. B. Cannabisbutter, Speiseölzubereitung)
- fertige Teemischungen
Nochmals der Hinweis: Bei frei verkäuflichem Nutzhanf ist die medizinische Wirkung wesentlich geringer als bei medizinischen Varianten. Zur einfachen Behandlung von Kopfschmerzen oder anderen leichten Schmerzen kann ein Cannabistee aus Nutzhanfanbau aber durchaus ebenfalls wirksam sein und ist mit anderen Nahrungsergänzungsmitteln zu vergleichen.
Video: Hanftee machen (mit Blättern) !
Die richtige Zubereitung von Cannabistee ist entscheidend für die Wirkung (Video)
Wer nun einfach Cannabisblüten mit heißem Wasser aufbrüht, wird von der Wirkung gegen Schmerzen enttäuscht sein, denn dieser Cannabistee wird nur verhältnismäßig wenig Wirkstoffe enthalten.
Ein Grund dafür ist, dass CBD nicht wasserlöslich ist, sondern entweder Alkohol oder Fett benötigt, um gelöst zu werden. Deswegen ist auch eine Zubereitung in anderer Form (z. B. Cannabisbutter oder Salatöl) durchaus sinnvoll.
Für das richtige Kochen eines Cannabistees, der gegen Schmerzzustände wirken soll, ist die sogenannte Decarboxylierung notwendig. Das gilt im Prinzip für jede Darreichungsform.
Unter dem Begriff Decarboxylierung versteht man die Freisetzung der wirksamen Cannabinoide aus den Pflanzenbestandteilen, wo sie als Carboxylsäuren eingeschlossen sind. Man findet also nicht die gewünschten Wirkstoffe THC und CBD in Reinform vor, sondern in gebundener Säurenform als THCA und CBDA. Eine Methode zum Auslösen der Wirkstoffe sind hohe Temperaturen, wie sie beim Verdampfen und Rauchen auf die Cannabisblüten einwirken.
Mit heißer Flüssigkeit funktioniert das auch, allerdings reicht es dazu nicht, einfach heißes Wasser über die Blüten zu gießen. Sie müssen vielmehr richtig ausgekocht werden, damit die Bestandteile auch wirklich ins Wasser übergehen. Dabei wird von den Carboxylsäuren jeweils ein Molekül abgespalten und man erhält die reinen THC- bzw. CBD-Verbindungen, auf die es ankommt.
Video: Decarboxylieren! Wieso? Weshalb? Warum?
Die beiden gängigsten Methoden zur Decarboxylierung von Cannabistee ( Video)
Aufkochen der Cannabisblüten zusammen mit dem Teewasser (nicht einfach übergießen und aufbrühen!)
Erhitzung der Cannabisblüten im Backhofen (ca. 10 Minuten bei 140°C), anschließend mit kochendem Wasser überbrühen
Man muss sich vor der Teezubereitung also entscheiden, welche Methode man verwendet. Kocht man die Blüten auf, müssen sie in einem geschlossenen Topf gekocht werden. Etwa 400 Milliliter Wasser sind ausreichend.
Wichtig: Die Cannabinoide sind (wie bereits erwähnt) nicht wasserlöslich, man muss also etwas Fett hinzugeben. Dazu eignet sich die Hinzugabe von Butter, Pflanzenöl, Kokosfett, Sahne oder anderen gängige Speisefetten. Von der Menge her wird man mit einem Teelöffel auskommen. Das Aufkochen erfordert etwa eine Stunde Zeit, um den fertigen Cannabistee zu erhalten.
Bei der Backofenmethode werden die erwärmten Blüten anschließend mit ca. 250 ml kochendem Wasser übergossen. Danach etwa eine Viertelstunde ziehen lassen. Auch hier bitte auf die fetthaltige Komponente achten. Theoretisch wäre auch die Zugabe von Alkohol möglich, aber beim Einsatz als Medikament wird dies in den meisten Fällen eher kontraproduktiv sein.
Video: Wegen CBD-Tee im Knast?
Wie ist die Faktenlage beim Einsatz von Cannabistee gegen Schmerzen?
Immer wieder wird die Wirksamkeit von Cannabisprodukten beim Einsatz gegen bestimmte Erkrankungen geprüft. Unabhängige Studien gab es lange Zeit kaum, weswegen man auf Aussagen einzelner Patienten angewiesen war. Das hat sich inzwischen geändert.
Immerhin waren bereits im Jahr 2002 viele Ärzte überzeugt davon, dass Cannabis-Medikamente chronische Schmerzen lindern können. Das gilt auch für Spastiken oder Tremor, wie er etwa bei Parkinson auftritt.
Insbesondere Patienten, die als austherapiert gelten und keine anderen medikamentösen Alternativen mehr haben, setzen auf Cannabismedizin als letztes Mittel. Aus dem Rettungsanker wird aber zunehmend ein Arzneimittel, das schon in früheren Stadien ergänzend oder als Ersatz für andere Therapien infrage kommt.
Insbesondere die rechtlichen Aspekte einer Behandlung mit medizinischem Hanf waren lange ungeklärt. Dies ist durch die Legalisierung für medizinische Zwecke mittlerweile etwas anders und viele Mediziner, die sich wegen der Gesetzeslage früher schwer mit dem Mittel taten, stehen Therapien nun offener gegenüber.
Gleichwohl bleibt abzuwarten, was die detaillierten Studien insbesondere für die Schmerztherapie ergeben werden. Da Cannabistee nicht wie ein Analgetikum wirkt, sind die Aspekte der akuten Schmerzlinderung oder einer höheren Schmerztoleranz keine zuverlässigen Faktoren.
Vielmehr kommt es auf den entspannenden Wohlfühl-Effekt an, den viele Patienten als lindernd verspüren. Dieser Effekt ist das eigentliche Verdienst beim Einsatz von Cannabistee gegen Schmerzen, denn anders sind chronische Nervenschmerzen kaum noch zu ertragen, berichten Betroffene immer wieder.
Für die Forschung macht das die Sache allerdings nicht einfacher, denn subjektive Einschätzungen von Patienten lassen sich nun einmal nur schwer in Zahlen fassen. Letztlich gilt aber bei der Behandlung solch schwerwiegender Erkrankungen, dass alles, was dem Patient guttut, auch sinnvoll ist.
Fazit: Cannabistee ist bei Schmerzen eine akzeptable alternative Einnahmemethode
Verwender von medizinischem Cannabis klagen oft über Probleme mit der Einnahme durch Inhalation über Verdampfer bzw. das Rauchen. Die alternative Einnahme in Form von Teezubereitungen kann eine gute Ergänzung bis hin zum Ersatz anderer Einnahmemethoden darstellen, sofern die Wirkung dem Patienten ausreichend Linderung verschafft.
Klar ist, dass bei Cannabistee weniger Wirkstoff im Blutkreislauf freigesetzt wird als bei der Inhalation, doch gerade Patienten, die ein eher sanftes Herantasten an die Wirkung bevorzugen und die lieber einen Tee trinken als zu „kiffen“, profitieren von dieser Möglichkeit.
Beim Hanftee aus Nutzhanf ist jedoch die Einschränkung zu beachten, dass eine Behandlung gegen Schmerzen aufgrund des deutlich geringeren Wirkstoffgehalts natürlich weitaus weniger wirksam ist als bei den Produkten, die es nur gegen BTM-Rezept in der Apotheke gibt. Wichtig ist in jedem Fall die korrekte Zubereitung, denn Cannabistee kann nur dann richtig wirken, wenn die Inhaltsstoffe zuvor decarboxyliert werden.
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