Seit 2017 dürfen Ärzte Cannabis verschreiben, denn der Nutzen von Cannabinoiden bei der Behandlung von bestimmten Erkrankungen ist erwiesen. Als Begleitung einer Therapie gegen Krebs kommt Cannabis besonders häufig zum Einsatz.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Cannabis bei Krebs: Der aktuelle Stand der Forschung
Aufgrund der demografischen Entwicklung steigt die Zahl der Krebserkrankungen in Deutschland an:
- 2014: 475.000 Erkrankte
- 2018: 500.000 Erkrankte
Krebs ist nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache in Deutschland. Obwohl auf dem Gebiet der Krebsbekämpfung sehr viel geforscht wird, hat die Krankheit noch nichts von ihrem Schrecken verloren. Neben den konventionellen Ansätzen der Behandlung (Operationen, Chemo- und Strahlentherapie) wird auch nach alternativen Heilverfahren gesucht.
Ein Ansatz ist die Nutzung von Cannabis. Studien belegen die positive Wirkung auf die Linderung der Symptome von Krebserkrankungen und -therapien. Aber es gibt auch immer mehr Berichte, die den Cannabinoiden eine heilende Wirkung zuschreiben.
Im März 2017 wurde die Verschreibung von Cannabis erheblich vereinfacht. Mittlerweile dürfen Ärzte aller Fachrichtungen Cannabinoide auch ohne Sondergenehmigung verschreiben. Patienten, die an unterschiedlichen Erkrankungen leiden, profitieren davon, mit Cannabis behandelt zu werden.
Ein positiver Effekt auf den Verlauf wurde bei folgenden Erkrankungen nachgewiesen:
- chronische Schmerzen
- Epilepsie
- Spastizität bei Multipler Sklerose und Paraplegie
- Appetitsteigerung bei HIV
- Übelkeit und Erbrechen nach Chemotherapie
Auch bei einigen psychischen Erkrankungen wurde der positive Effekt von Cannabis durch Studien belegt:
- Tourette Syndrom
- Angststörungen
- ADHS bei Erwachsenen
- Schlafstörungen
Hinweise auf einen therapeutischen Nutzen von Cannabioniden, der aber noch nicht durch Studien verifiziert wurde, gibt es außerdem bei:
- Darmerkrankungen
- Depressionen
- Demenz
- Psychosen
- Übelkeit
- Fibromyalgie
- rheumatoide Arthritis
- Schizophrenie
- Glaukom
Wie profitieren Krebspatienten von einer Cannabis Therapie?
Cannabis wird in der Medizin derzeit am häufigsten bei Patienten eingesetzt, die an Krebs oder HIV erkrankt sind. Die positiven Effekte bei der Linderung von chronischen Schmerzen und Neuropathien war ein wesentlicher Faktor dafür, Cannabis für die Krebstherapie zu legalisieren.
Durch die Vereinfachung der Verschreibung von Cannabinoiden können Ärzte Arzneimittel wie Nabiximols und Dronabinol im „off-label-use“ verordnen. Dabei werden Arzneimittel auch für Anwendungsbereiche verschrieben, für die sie nicht von der zuständigen Arzneimittelbehörde zugelassen wurden.
Meist wird Cannabis in Form von Inhalationslösungen, Kapseln oder öligen Tropfen verschrieben. Von der Verabreichung der Blüten raten Mediziner ab, da bei dieser Art des Konsums der Wirkstoffgehalt nicht exakt bestimmt werden kann. Außerdem haben viele der Patienten Probleme damit, Cannabisblüten als Joint zu rauchen und bevorzugen deshalb die anderen Darreichungsformen.
Wirkungsweise von Cannabis als Arzneimittel
Die Wirkungsweise von Cannabis beruht auf den zwei Substanzen CBD und THC, die sich zudem gegenseitig verstärken und über eine Reihe positiver Eigenschaften verfügen:
- appetitanregend
- analgetisch
- antiemetisch
- antipsychotisch
- antikonvulsiv
- antiolytisch
- muskelrelaxierend
- neuroprotektiv
- psychoaktiv
CBD und THC sind organische Säuren, die durch Hitze-Decarboxylierung umgewandelt werden, sodass sie für den menschlichen Organismus verfügbar sind. Gängige Formen der Hitze-Decarboxylierung sind das Verdampfen, Rauchen oder Erhitzen in Öl.
Cannabispflanzen zählen seit Jahrhunderten zu den Heilpflanzen und werden traditionell gegen Schmerzen aller Art eingesetzt. Sie helfen nachweislich gegen Migräne, Rheuma- und Nervenschmerzen. Da Nervenschmerzen zu den belastenden Nebenwirkungen der konventionellen Krebstherapien gehören, liegt es nahe, diese mit Cannabinoiden zu behandeln.
Welche Funktion hat Cannabis in der Krebs Therapie?
Cannabis wird in der Krebs Therapie eingesetzt, um die belastenden Nebenwirkungen der Chemo- und Strahlentherapie zu mildern. Außerdem wirken die Medikamente schmerzstillend. Dadurch werden weniger andere Schmerzmittel benötigt, die den Organismus erheblich mehr schädigen.
Die Kombination der Wirkstoffe THC und CBD wirkt zudem muskelentspannend, angstlösend und appetitanregend und erhöht somit die Lebensqualität von Krebspatienten. Da CBD antipsychiotisch wirkt, werden die psychiotischen Effekte von THC ausgeglichen. Der Patient muss also nicht befürchten, sich permanent berauscht zu fühlen.
Kann Cannabis zur Heilung von Krebs beitragen? (Video)
Es werden immer mehr Studien veröffentlicht, die die Vermutung nahelegen, dass Cannabinoide nicht nur die Nebenwirkungen der Krebstherapie lindern, sondern auch zur Heilung von Krebs beitragen können. Ein bekanntes Beispiel für Medikamente auf Basis von Cannabis, die zur Heilung von Krebserkrankungen angewendet werden, ist das Rick-Simpson-Öl.
Untermauert werden die Aussagen durch Laborstudien und Einzelfall-Beispiele. Die Laborstudien wurden allerdings bisher nur an isolierten Krebszellen vorgenommen. Klinische Studien am Menschen stehen noch aus, sodass noch keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden können. Dennoch sind die Forschungsergebnisse ermutigend und führen dazu, dass die Wirkung von Cannabis auf Krebs weiter erforscht wird.
Dabei wird insbesondere die Wirkung des Cannabinoids Cannabidiol (CBD) untersucht. Dessen krebshemmende Wirkung wurde bislang an Krebszellen und in Tierversuchen nachgewiesen. Es wurde festgestellt, dass CBD das Wachstum der Tumorzellen von Gebärmutterhals-, Brust- und Prostatakrebs sowie Leukämie hemmt. Außerdem wurden erstaunliche Wirkungen auf Krebserkrankungen des Nervensystems nachgewiesen: CBD hemmt das Tumorwachstum von Neuro- und Glioblastomen.
Video: Cannabis und Krebs Doku
Die Wirkung von Cannabisöl auf Krebs
Im Cannabisöl ist ein hoher Anteil an CBD enthalten, wohingegen das berauschend wirkende THC nur in geringer Konzentration vorhanden ist. Besonders bekannt ist das Rick-Simpson-Öl. Rick Simpson ist ein Verfechter der Cannabis-Legalisierung und zwar aufgrund des therapeutischen Nutzens, den er nach einem schweren Unfall entdeckte. Simpson behandelte mit einem von ihm entwickelten Cannabisöl die Schmerzen und Folgeerscheinungen des Unfalls.
Als er einige Jahre darauf an Hautkrebs erkrankte, wendete er das Öl erneut an. Diesmal jedoch nicht als einzunehmendes Medikament, sondern als Tinktur, die auf die Krebsgeschwulst aufgetragen wurde. Einige Tage nach Beginn dieser Therapie soll der Krebs verschwunden gewesen sein. Simpson hat seine Erfahrungen und die Herstellungsweise des Cannabisöls in einem Buch („Run for the cure“) veröffentlicht.
Dieses Cannabisöl ist extrem konzentriert und es werden dafür eine große Menge Cannabisblüten sowie hochprozentiger Lebensmittel-Alkohol benötigt. Da die heilende Wirkung von Cannabinoiden noch nicht ausreichend durch Forschungsstudien am Menschen verifiziert wurde, wird das Cannabisöl immer noch kaum in der Krebstherapie eingesetzt.
Unbestrittener Nutzen von Cannabinoiden in der Krebstherapie(Video)
Dass mit cannabishaltigen Medikamenten oder Cannabisöl die Nebenwirkungen einer Chemotherapie gelindert und Schmerzen sowie chronische Müdigkeit (Fatigue Syndrom) positiv beeinflusst werden, ist mittlerweile unbestritten.
Doch auch im Hinblick auf eine Bekämpfung der Krankheit selbst und nicht nur der Symptome gibt es vermehrt ermutigende Berichte.
Der Rostocker Pharmakologe Burkhard Hinz veröffentlichte 2014 einen Laborbericht, der beschreibt, dass Tumorzellen nach einem Kontakt mit Cannabismolekülen geplatzt sind. Es gelang dem Mediziner, mit Hilfe von Cannabismolekülen Krebszellen zu enttarnen und damit einen Lösungsansatz für eines der Hauptprobleme jeder Krebstherapie zu entwickeln.
Video: BEWIESEN: Hanföl kann Krebs komplett auslöschen!
Erste Cannabisstudie an Krebspatienten
Manuel Guzman, Vorsitzender der International Association for Cannabinoid Medicines, führte eine Studie mit Krebspatienten durch. Diese weltweit erste Studie zur Wirksamkeit von Cannabinoiden belegte, dass THC das Tumorwachstum hemmt. Die Ergebnisse sind Anlass für weitere Forschungen und sicher auch ein Grund dafür, dass cannabishaltige Arzneimittel seit 2017 in Deutschland von jedem Arzt verschrieben werden dürfen.
Mittlerweile wurden weitere Studien begonnen und einige stehen bereits kurz vor dem Abschluss. Bei einer Studie mit Patienten, die an Hirntumoren leiden, konnte nachgewiesen werden, dass ein cannabishaltiges Präparat die Überlebensrate deutlich verbessert.
Nach Auswertung der aktuellen Studien wird mehr Klarheit darüber herrschen, inwieweit Cannabis nicht nur die Symptome, sondern sogar die Krebserkrankung selbst bekämpft. Auf Basis der Forschungsergebnisse können dann neue Krebsmedikamente hergestellt werden, die weniger Nebenwirkungen haben als die konventionellen Therapien.
Die derzeit oft anzutreffende Zurückhaltung vieler Ärzte hängt mit dem negativen Image der Cannabispflanze zusammen. Es geht jedoch bei der Krebstherapie nicht um die berauschende Wirkung, die ohnehin nur eine der vielen Wirkungen von Cannabisblüten ist. Die Pflanze wird seit Jahrhunderten als Heilpflanze zur Bekämpfung von Schmerzen verwendet und im Zuge der allgemein stärkeren Beachtung der Pflanzenheilkunde wird das Augenmerk wieder auf die heilsamen Wirkungen von Cannabinoiden gelegt.
Sind cannabishaltige Arzneimittel in Deutschland legal?
Seit 2017 können Ärzte die Substanz ohne Sondergenehmigung verschreiben. Frei verkäuflich sind Produkte, die kein THC enthalten. Diese werden aus sogenanntem Nutzhanf hergestellt, bei dem durch Züchtung der THC-Gehalt, der die berauschende Wirkung ausmacht, extrem reduziert wurde.
Viele Krebspatienten kaufen sich Cannabisöl, um damit die Nebenwirkungen der Behandlung zu lindern. Das ist legal möglich, sollte jedoch wie jede Selbstmedikation mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.
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